Frank

Julius und Lucie Frank

Julius Frank wird am 13.11.1903 in Altendorf  bei Holzminden geboren. Seine Eltern sind Gustav  Frank und Hedwig Frank, geb. Baruch. Er hat keine Geschwister. Vor 1913 ziehen die Eltern und ihr Sohn nach Höxter. Frank ist Jude und steht auch zu seiner Religion.

Julius Frank besucht von 1913–1922 das König-Wilhelm-Gymnasium in Höxter. Dort macht er auch sein Abitur. Während seiner Schulzeit wird ihm die Ehre zuteil, bei der Feier zum 25-jährigen Thronjubiläum von Wilhelm II. 1913 ein Gedicht vorzutragen.

1920 gibt es in Höxter eine Demonstration der Juden gegen den Antisemitismus, woran Frank aktiv teilnimmt. (Quelle: www.amerikanetz.de/beitraege/fritz-ostkaemper/koenig-wilhelm-gymnasium-hoexter-auswanderungen-juedischer-schueler )

Julius Frank ist während seines Referendariats bei Dr. Jasper tätig. (Quelle: www.vernetztes-gedaechtnis.de/jasper.htm)

Nach seinem Abitur studiert er Rechtswissenschaft in Göttingen und Berlin und beginnt die Referendarausbildung nach dem 1. Examen in Holzminden. Julius Frank merkt schon früh, dass ihn der Bereich Strafrecht besonders interessiert. Später wird er dem Amts- und Landgericht in Braunschweig zugewiesen.
Während des Referendariats absolviert er die Anwaltsstation in der Praxis von Dr. Jasper. Julius Frank bekommt immer gute Zeugnisse. So wird er als „fleißig, gründlich, gewandt, von sicherem Urteilsvermögen, sehr befähigt, umfassende Rechtskenntnisse“ gelobt. (Quelle: Dieter Miosge, Zulassung ist zurückgenommen, Braunschweig 2006, S. 66)

Am 28.10.1929 besteht er dann das Assessorexamen mit voll befriedigend. Er nimmt im Dezember 1929 seine Anwaltstätigkeit auf, bis Februar 1932 ist er nur beim Oberlandesgericht zugelassen, danach beim Landgericht sowie beim Amtsgericht. Frank ist bis 1931 als SPD-Beamter tätig.
Sein Büro befindet sich Damm 39 in Braunschweig, das er sich mit dem Anwalt Philipps teilt.

In einem Brief an Dr. Kramer, Richter am Oberlandesgericht Braunschweig, schreibt Frank 1983: „Ich war (…) ziemlich aktiv in der SPD und habe in unzähligen politischen Prozessen verteidigt, und zwar schon als Referendar bei Dr. Jasper und Dr. Moser im Jahr 1928.“ (Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:1166)

1932 verteidigt Frank in Blankenburg sieben Empfänger von Wohlfahrtsunterstützung, die sich weigern, die Straße zu kehren.
Die Streikenden, die als Kommunisten gelten, liefern sich ein Wortgefecht mit Polizisten. Außerdem kommt es zu Handgreiflichkeiten.
Frank greift in dem Prozess einen der Polizisten verbal an. Dies führt dazu, dass anschließend ihm ein Prozess wegen Beleidigung gemacht wird. Der Polizist, der die sieben Angeklagten festgenommen hat, gehört nach Ansicht von Frank auf die Anklagebank, das empfindet dieser als Beleidigung. Frank betont gegenüber dem Richter, dass er den Polizeibeamten nicht beleidigen, aber alles für seine Mandanten herausholen wollte.
Wegen der angeblichen Beleidigung gegen die Polizeibeamten wird ein Prozess im Schnellverfahren gegen Frank durchgeführt. Frank wird zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt. Er legt Berufung ein, die das Braunschweiger Landgericht im August 1933 verwirft. Frank schreibt dazu: „Ich habe die Berufungsverhandlung erst gar nicht abgewartet, sondern bin vorher (…) ‚getürmt‘.“ (Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:1166)

Frank hält sich am 11.3.1933 beruflich in Westfalen auf und wird bei seinen Eltern in Höxter nichtsahnend festgenommen und als sogenannter „Schutzhäftling“ bis zum 20.4.1933 ins Gefängnis Rennelberg in Braunschweig gebracht.
Später äußert er sich dazu, er hätte sich „in sehr guter Gesellschaft“ (Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:1166) mit dem damaligen Oberbürgermeister Böhme, der im Rathaus von SA-Männern abgeführt wird, und seinem Anwaltskollegen Dr. Jasper befunden.

Während er sich in Schutzhaft aufhält, erscheint am 14.04.1933 der Artikel „Reinigung im braunschweigischen Justizwesen“ in der Braunschweiger Landeszeitung. In dem Text wird über „Vertretungsverbote gegen die Rechtsanwälte Moser und Frank“ zum 14.06.1933 berichtet. Den Verfasser dieses Propaganda-Artikels scheint es zu freuen, dass die Nazis gegen die jüdischen Anwälte vorgehen.
Braunschweigische Landeszeitung vom 14.04.1933
(Quelle: Stadtarchiv Braunschweig)

Nach seinem Gefängnisaufenthalt muss Frank in Begleitung eines SA-Mannes Braunschweig verlassen und wird erst am Potsdamer Bahnhof in Berlin freigelassen. So hat er keine Chance mehr, seine Wohnung in Braunschweig zu betreten.
In Berlin heiratet er am 1.8.1933 Lucie Rath. Die Ehe bleibt kinderlos.

Frank berichtet, er sei Anfang August mit seiner Frau über England nach Holland „getürmt“. „Ausgewandert kann man nicht gut sagen, denn wir kamen ohne jedes Gepäck und mittellos in Amsterdam an. Mitte 1936 sind wir mit Hilfe des jüdischen Flüchtlingskomitees nach Uruguay weitergewandert.“ (Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:1166)

Frank versucht jahrelang, Geld als kaufmännischer Angestellter zu verdienen. Zu seinen Versuchen schreibt er: „Ich musste mich überzeugen, dass ich zu nichts anderem tauge als zum Anwalt.“ (Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:1166)

Als ihm Ende 1953 oder Anfang 1954 das Oberlandesgericht Braunschweig die Papiere, aus denen hervorgeht, dass er das Juraexamen in Deutschland abgelegt hat, zuschickt, legt er in ziemlich kurzer Frist das Anwaltsexamen in Uruguay ab und wird Ende 1955 als Anwalt zugelassen. Frank sagt dazu: „Ich kann wohl sagen, dass das der glücklichste Augenblick meines Lebens war.“  Er beklagt aber auch, dass das Oberlandesgericht in der Nazi-Zeit die Übersendung seiner Zeugnisse verweigert habe, „sodass ich 20 Jahre lang meinen Beruf nicht ausüben konnte.” (Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H VIII A:1166)

Weil Frank 1933 im Gefängnis Rennelberg eingesessen hat, erhält er eine Zahlung von 150 DM.
Ab dem 1.11.1953 wird eine monatliche Rente wegen beruflicher Verschlechterung gezahlt, zunächst 500 DM, die sich jährlich steigert bis zu knapp 1000 DM im Jahre 1966.

Julius Frank am 16.7.1971 (Quelle: Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Montevideo)

Mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland wird Frank am 5.2.1975 ausgezeichnet.

In der Begründung heißt es: „In Montevideo promovierte er 1955 zum Dr. jur. Im Januar 1956 ließ er sich dann als Anwalt in Montevideo nieder. Dr. Frank ist seit 1957 Vertrauensanwalt der Botschaft Montevideo. In dieser Eigenschaft hat er in zahlreichen Fällen deutschen Staatsangehörigen in Rechtsfragen beigestanden. Auch hat er stets die Botschaft in Fragen des komplizierten uruguayischen Rechts kostenlos und in völlig uneigennütziger Weise beraten…Durch seine Tätigkeit…hat er das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland in Uruguay in starkem Maße gefördert.“ (Dieter Miosge, Zulassung ist zurückgenommen, Braunschweig 2006, S. 70)

Er ist seit 1977 pensioniert. Nach dem Krieg besucht er oft seine alte Heimat in Höxter und Holzminden.
Julius Frank stirbt am 26.1.1989 in Montevideo im Alter von 85 Jahren.

Lucie Frank wird am 16.7 1910 als Lucie Rath-Lechner in Braunschweig geboren und ist am 18.4.1993 in Montevideo gestorben. Von Beruf ist sie Stenotypistin und wohnt zuerst in der Liebigstraße 2. Als sie Julius Frank kennenlernt, zieht sie zu ihm in die
Borsigstraße 26.

Sie flieht mit Julius Frank über England und Holland nach Montevideo, Uruguay. Sie stirbt 1993 im Alter von 82 Jahren. Ihr Bruder, Alfred Rath, ebenfalls von Braunschweig nach Montevideo geflohen, schickt die Nachricht von ihrem Tod an die Jüdische Gemeinde Braunschweig.

Lucie hat zwei Schwestern,
Alice Rath-Lechner und Rosie Rath-Lechner.
Außerdem hat sie noch einen Bruder, Alfred Rath-Lechner.
Ihre Eltern sind Ignatz Rath geb. Lechner und Ella Rosenbaum.
Ignatz Rath-Lechner ist Kaufmann und lebt in Braunschweig.

Recherche: 2013 – Schülerinnen und Schüler
der Realschule Maschstraße