Julius Bockemüller wurde am 10.10. 1895 in Thedinghausern (Landkreis Verden) geboren.
Seine Eltern sind Franz Bockemüller, Justizinspektor und Johanne Bockemüller, geborene Hahn, welche aus einer jüdischen Familie stammte.
Somit galt Julius im Nationalsozialismus als „Halbjude“.
Bis zur 4. Klasse besuchte er die Bürgerschule. 1906 wechselte er auf das ‚Herzögliche Wilhelm Gymnasium‘ (heute: Wilhelm Gymnasium), an dem er 1915 die Reifeprüfung ablegte. Es folgten 4 Jahre Militärdienst im 1. Weltkrieg.
Er wurde als Sanitätsunteroffizier entlassen.
Nach seinem Medizinstudium und Assistenzzeit ließ er sich 1931 in Sickte mit eigener Praxis nieder. 1932 heiratete er Erika Bosse aus Erkerode. Das Paar bekam zwei Töchter.
Inge, 1933 geboren und Jutta 1934, auch die verwaiste Tochter eines Freundes lebte in der Familie.
Schikanen und Erniedrigungen durch Lehrer sowie den NSDAP-Ortsgruppenleiter werden von den Kindern erinnert.
1941 stirbt Erika Bockemüller 36 jährig an einem Lungenabszess.
Auch sein Vater stirbt im gleichen Jahr. Daraufhin zieht seine Mutter zur Familie.
Seine politische Entwicklung:
Bis 1931 wählte er die die Deutschnationale Volkspartei (DNVP),
ab 1932 die NSDAP. Mit den Jahren der Naziherrschaft änderte er seine Einstellung.
Er wurde von der NSDAP kritisch beäugt, da er Aktionen der Partei nur unzureichend unterstützte, zahlungsunfähige Personen behandelte, seine Distanz zu Machthabern des Staates bekannte, sowie von Beginn an, mit feindlicher Haltung konfrontiert war als ‚Halbjude‘. In der Bevölkerung war er als Arzt sehr beliebt und geachtet.
Am 1.Juni 1942 äußerte er sich im Haus eines Freundes kritisch über die Situation des deutschen Reiches im Kriegsgeschehen. Da er heimlich BBC hörte, konnte er seine Prognosen belegen. Eine Zeugin des Gesprächs gab diese Informationen weiter zur Gestapo Braunschweig.
Am 27.Juli 1942 wurde er vorläufig festgenommen. Nachdem er nach Berlin überführt worden war, kam es zu Verhandlungen am Volksgerichtshof.
Am 7.9. 1942 wurde eine Anklage gegen ihn erhoben. Es kam zu verschiedenen Verhandlungen.
Die Hauptpunkte waren: ‚Abhören eines feindlichen Senders sowie Verbreitung von Nachrichten, welche die Widerstandskraft des Volkes gefährden‘
Am 19.1. 1943 bestätigten 10 Zeugen seine kritische Haltung zur Kriegslage und innenpolitischen Situation.
Zum Schluss der Urteilsverkündung heißt es:
„Nur die Todesstrafe ist in diesem Falle die einzige entsprechende und der festgestellten Schuld des Angeklagten angemessene Sühne.“
Gnadengesuche von Julius Bockemüller und seinem Rechtsanwalt im Februar und März 1943 blieben unberücksichtigt.
Am 8. April wird im Reichsjustizministerium sein Todesurteil vorgetragen, um es vielleicht doch noch abzuwenden. Die Tatsache, dass hinter Julius .Bockemüllers Namen noch ein „zweifelhaft“ in der Akte stand, hatte keine Auswirkung mehr auf den weiteren Verlauf der Geschehnisse.
Der Staatsanwalt forderte dagegen im Schreiben an den Justizminister die Vollstreckung des Todesurteils und nannte Bockemüller „Mischling ersten Grades“
Zitat: „[…] Bei dem Umfang und der Gefährlichkeit dieser Zersetzungstätigkeit halte ich, auch aus Gründen der Abschreckung, die Vollstreckung der Todesstrafe für geboten. Ich schlage vor, von dem Gnadenrechte keinen Gebrauch zu machen.“
Hingerichtet wurde er am 21.April 1943 in Berlin – Plötzensee
Die Mutter von Julius Bockemüller nahm sich am 19.Januar 1943,
unmittelbar nach Erhalt der Nachricht des Todesurteils das Leben.
Am 14.Januar 1952 wird das Todesurteil aufgehoben durch den Oberstaatsanwalt
in Braunschweig
Recherche 2019/2020 Schülerinnen des Wilhelm Gymnasiums Braunschweig
Anne Heinemann, Hanna Schwarz und Paula Caesar
begleitende Lehrerin: Eike Conrady
An der Recherche maßgeblich beteiligt: Dr. Diethelm Krause-Hotopp