Eva Rittner

Familie Rittner

Eva Rittner wird am 18.11.1921 in Braunschweig geboren. Über ihre Jugend in Braunschweig wurde nichts gefunden.

Mit 17 Jahren flieht Eva im Februar 1939 nach England. Die Vermutung liegt nahe, dass dies mit Hilfe eines Kindertransportes geschieht. Es gibt im Februar 1939 nur am 20.02.einen Kindertransport.
In England angekommen ist ihre nächste belegte Adresse die der Fold Farm in der Nähe von Lancester, wo sie sich mindestens bis zum Jahr 1942 aufhält. Auf dieser Farm lernen Jugendliche unter der Schirmherrschaft einer jüdischen Organisation Grundlagen der Landwirtschaft. Mit diesen Kompetenzen ausgestattet sollen die jungen Menschen sich dann in Palästina ansiedeln.

Doch Eva bleibt in England. Sie heiratet noch im Krieg 1944 Benno Blitz und lebt in Manchester. Sie bekommt zwei Söhne.

Nach 1945 gibt es eine intensive Korrespondenz um den Nachlass der Familie in Braunschweig, bei der es um die Toterklärung der Familienangehörigen und um die Rückforderung von Schmuck, Wertgegenstände der Eltern geht.

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Brief an Eva Rittner       von  Annabella Burgdorf

 

Hallo Eva,

auch wenn ich weiß, dass du diesen Brief nie lesen wirst und du mich nicht kennst, fühle ich mich dir sehr nah. Ich kenne so ziemlich jedes wichtige Ereignis in deinem Leben, von der Geburt bis zu Flucht. Dein Schicksal ist zu tiefst berührend und hat mich gefasst. Ich kann mir deine Gefühle nur denken, ich weiß sie ja nicht. Aber ich glaube du wärst sehr zufrieden und auch interessiert, was ich alles über dich und deine Familie weiß. Dir deine Lebensgeschichte zu erzählen ist schon etwas seltsam, schließlich ist es deine. Du bist am 18.11.1921 in Braunschweig geboren.

Leider weiß ich rein gar nichts über deine Zeit als Jugendliche. Du warst sicherlich auf einer Schule und hattest auch Freunde, doch dann 1933 begann der Albtraum für alle Juden. Die Zukunft deiner ganzen Familie stand auf dem Spiel und deine Eltern mussten für dich und Marga, die beste Möglichkeit finden, um überleben zu können.

Du hast meines Wissens einen Kindertransport am 20.02.1939 nach England genommen. Waran du wohl die ganze Zeit gedacht haben musst.? Hast du dir die Schuld gegeben, hättest du was ändern können? Wie es dir wohl ging.
Du warst 3  Jahre auf der Fold Farm, wo Jugendliche unter Beaufsichtigung einer jüdischen Organisation, Grundlagen der Landwirtschaft lernen. Das eigentliche Ziel war ja, mit dem Gelernten sich in Palästina anzusiedeln. Doch warum bist du in England geblieben?  War die Arbeit dort hart? Ganz allein, ohne Freunde, Familie mit 17. Jahren in einem fremden Land. Das war sicherlich einsam.

Doch du hast schließlich eine genauso wundervolle Familie aufgebaut.
Du hast 1944 Benno Blitz geheiratet und zwei Söhne bekommen. Ich denke, dass dies ein großer Schritt für dich war. Es war sicherlich nie einfach über den Verlust deiner Familie hinwegzukommen. Ich wüsste nicht, ob ich das geschafft hätte.

Ich weiß, dass du ab 1945 in ständiger intensiver Korrespondenz um den Nachlass deine Familie warst. Du wolltest die endgültigen Sterbeurkunden deiner Familie, was alles andere als einfach war. Ich denke es war deine Weise, um mit der Vergangenheit deiner Familie abzuschließen und nun endlich Gewissheit zu bekommen. Das hat zwar ganze 13 Jahre gedauert und am Ende musstest du auch noch vom Nachlass deiner Familie die ganzen Kosten tragen, aber nun war es endlich besiegelt. Ich muss schon sagen, deine Geduld hätte ich gerne gehabt.
Sich nach so ein Schicksal auch noch tagtäglich mit den Behörden zu beschäftigen, ist sicherlich sehr nervenaufreibend.

Zuallerletzt möchte ich dir noch sagen, du hast überlebt. Du hast eine Chance bekommen, ein neues Leben zu führen und hast was draus gemacht. Du hättest das Schicksal deiner Familie nicht ändern können, aber du kannst sie im Herzen immer bei dir tragen.
Und nun ist es unsere Aufgabe sie zu erinnern, damit auch ihr nicht in Vergessenheit geratet. Denn keine noch so kleine Geschichte soll oder darf vergessen werden.

In Liebe,  Annabella

Recherche, 2019 Schülerinnen und Schüler der IGSFF Braunschweig;
begleitender Lehrer Jens Siebert