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Nuchim Festberg
Nuchim Festberg wurde am 15.08.1888 in Grabowiec/ Russ. Polen Bez. Lublin geboren. Seine erste Ehefrau kommt während des 1. Weltkriegs in Folge einer Typhuserkrankung ums Leben. Ihr genaues Sterbedatum ist nicht bekannt, sie stirbt in der Zeit zwischen 1914 und 1918. 1917 kommt Nuchim Festberg aus Holzminden nach Braunschweig und zieht zuerst in die Frankfurter Straße.
Seine zweite Frau Erna-Ella Festberg, geb. Bluth, gesch. Mosberg, lernt Nuchim Festberg vermutlich in Braunschweig kennen, denn sie wurde am 15.09.1890 in Braunschweig geboren.Sie sind wohl seit 1917 verheiratet sind.
Nuchim Festberg führt zusammen mit einem Geschäftspartner Salomon Nadler die Manufakturwarenhandlung N. Festberg am Altstadtmarkt 5. Sie müssen mit ansehen, wie der nationalsozialistische Ungeist Einzug in die Köpfe der Bevölkerung hält und sie von Tag zu Tag auf mehr Ablehnung stoßen. Seine zwei Jahre jüngere Frau und er wechseln 1917/18 ständig die Wohnungen. Über diesen häufigen Wohnungswechsel sind nur Vermutungen anzustellen. Vielleicht missfallen sie einem ihrer Vermieter, weil sie Juden sind? Vielleicht müssen sie in immer kleinere Wohnungen ziehen, da das Geld knapper wird?
Ab 1920 sind sie für 13 Jahre am Kohlmarkt 7 gemeldet. 1934 ziehen sie in die Friedrich-Wilhelm-Straße 1 um. Es ist davon auszugehen, dass ihr Geschäft lukrativ ist, denn das Haus an der Friedrich-Wilhelm-Straße 1 ist durchaus ein gutbürgerliches Haus.Aus dem Adressbuch geht hervor, dass Nuchim Festberg Miteigentümer des Hauses am Altstadtmarkt 5 ist.
Aufgrund einer Verordnung vom 12.11.1938 verliert Nuchim Festberg sein Geschäft und kann nun nur noch als Arbeiter tätig sein. Im Adressbuch von 1939 steht hinter dem Namen Festberg nicht mehr Kaufmann, sondern Arbeiter. Außerdem taucht sein Name nicht mehr unter Altstadtmarkt 5 als Ladenbesitzer auf. Die Verordnung, welche die „Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben“ vorsieht, verbietet es Juden, ihre Geschäfte weiterzuführen. Diese Verordnung tritt am 01.01.1939 in Kraft.
Vom 30.April 1939 an gilt ein Gesetz, welches es den Festbergs noch schwerer macht, in Braunschweig zu leben, denn ab diesem Datum tritt das „Gesetz für Mietverhältnisse mit Juden“ in Kraft. Der Mieterschutz für Juden wird aufgehoben.
Das Ehepaar Festberg lebt seit 1939/ 40 im so genannten Judenhaus Meinhardshof 3. Unter dieser Anschrift sind sie im Adressbuch der Stadt Braunschweig aus dem Jahr 1940 verzeichnet.
Sie werden am 31.03.1942 unter menschenunwürdigen Bedingungen nach Warschau deportiert und kommen möglicherweise im Warschauer Ghetto ums Leben.
Paula und Alfred Festberg
Paula Festberg, Tochter des jüdischen Kaufmanns Nuchim Festberg aus Grabowiec in Russ. Polen, wird am 20.01.1910 in Rubiescow, ebenfalls Russ. Polen, geboren. Von ihrer leiblichen Mutter Ella Hüdis ist nur bekannt, dass sie während des 1. Weltkriegs (1914 – 1918) an Typhus stirbt. Ihr Vater lebt seit 1917 in Braunschweig. Im Alter von zwölf Jahren zieht sie am 05.12.1922 zu ihrem Vater nach Braunschweig, der seit 1917 dort wohnt und seit diesem Jahr mit der Braunschweigerin Erna-Ella Festberg neu verheiratet ist. Die Wohnung befindet sich am Kohlmarkt 7. Im Jahr vor Paulas Umzug, am 10.07.1921, wird ihr Halbbruder Alfred in Braunschweig geboren.
Da Paula später als ihr Vater nach Braunschweig kommt, wird für sie eine eigene Meldekartei erstellt. Man kann anhand der Kartei erkennen, dass Paula häufig ihren Wohnsitz wechselt. Im Jahre 1924, mit 14 Jahren, zieht sie nach Aurich, 1926 wieder zurück nach Braunschweig (Kohlmarkt 7). Ein Jahr später, am 05.04.1927, ist sie in Oldenburg gemeldet, am 20.10.1927 lebt sie wieder in Braunschweig (Kohlmarkt 7) und am 30.01.1928 zieht sie nach Halberstadt um.
1933 wandert Paula nach Holland aus. Paula ist möglicherweise diejenige in der Familie Festberg, die als Erste die Bedrohung erkennt, die zu Zeiten des Nationalsozialismus auf die jüdischen Einwohner zukommt. Ein Jahr später, 1934, heiratet sie Mathes Reiter in Amsterdam. Da man auch in Holland vor den Nationalsozialisten nicht mehr sicher sein kann, wandert sie später nach Palästina aus.
Leider konnten wir nicht in Erfahrung bringen, wann sie diesen Schritt vollzieht. Auch wissen wir nicht, ob sie von ihrem Mann auf ihrem Weg begleitet wird. Ihre Adresse Anfang der 60er Jahre des 20. Jh. ist: Paula Reiter, Jaffastr. 31, Haifa/ Israel.
Ob Paula Reiter geb. Festberg heute noch lebt, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen. Ein Schreiben an das Innenministerium in Israel blieb unbeantwortet.
Ihr Bruder Alfred geht 1937 im Alter von 16 Jahren in ein jüdisches Ausbildungslager nach Berlin. Später wandert er aus und lebt in: 72 Mc Ilwraith Str., Melbourne-Princess Hill, Victoria, Australia
Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Auch hier blieben unsere Recherchen ohne Erfolg und ein Brief nach Melbourne blieb ohne Antwort.
Recherche: Schüler und Schülerinnen der Realschule Maschstraße – 2006