Walter Heise

Walter Friedrich Wilhelm Heise (* 3. Oktober 1892 in Braunschweig; † 3. März 1942 in Hartheim) war ein deutsches Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Er wurde als „asozial“ stigmatisiert und im Zuge der sogenannten Aktion „14f13“ ermordet.

Familie
Walter Heise wurde als Sohn des Schlossers Friedrich Heise und Anna Eitge am 3. Oktober 1892 in Braunschweig geboren. Seine Eltern heirateten wenige Tage vor seiner Geburt am 27. September 1892. Die Familie wohnte ab 1911 in der Ritterstraße 20. Walter Heise hatte zwei Geschwister.

1918 heiratete er Marie Klefmann in Barkhausen. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor. Aufgrund anhaltender Probleme wurde die Ehe 1934 geschieden.

Militärdienst im Ersten Weltkrieg
Von 1914 bis 1917 diente Heise als Musketier im Ersten Weltkrieg. 1915 wurde er laut Verlustliste des Infanterie-Regiments 92 (IR 92) schwer verwundet.

Psychiatrische Unterbringung und Entmündigung
Seit 1922 liefen mehrfach Verfahren zur Entmündigung wegen chronischen Alkoholismus und „Verschwendung“. 1924 wurde er offiziell entmündigt. Mit Einverständnis seines Vormunds erfolgte 1927 die Aufnahme in die Provinzial-Heilanstalt Wunstorf, wo er mit der Diagnose „chron. Alkoholismus auf dem Boden einer Psychopathie und Debilität“ psychiatrisiert und als „langzeitbehandlungsbedürftig“ eingestuft wurde. Briefe aus der Anstalt belegen seine Isolation, das unmenschliche Kontrollregime in der Anstalt und die daraus resultierenden psychische Belastungen. Ende 1928 wurde er aus der Heilanstalt entlassen.

Inhaftierungen und Verfolgung
Walter Heise fehlten langfristig wirksame psychosoziale Hilfsangebote. Er rutschte daher wegen seines anhaltenden Alkoholismus und zunehmender sozialer Isolation in den 1930er Jahren in die Beschaffungskriminalität ab. Er galt schon bald als „arbeitsscheu“ und „gefährlicher Gewohnheitsverbrecher“ und wurde mehrfach u.a. wegen Diebstahls und Betrugs verhaftet und verurteilt. In der Gefangenenpersonalakte des Zuchthauses Celle sind 12 Vorstrafen dokumentiert. Dort saß er von November 1939 bis Oktober 1940 eine Haftstrafe ab und leistete vermutlich auch Zwangsarbeit.

Die Akten sprechen von angeblich fehlender Reue und attestieren ihm mangelnden Besserungswillen. Diese Beurteilung spiegelt nicht seine tatsächliche Therapiefähigkeit wider, sondern vielmehr ein repressives Bewertungssystem, das moralische Urteile über Alkoholismus mit sozialer Kontrolle und letztlich tödlicher Gewalt verband.

Letzte Lebensstationen
Am 14. September 1941 wurde Heise aus dem KZ Neuengamme in das KZ Dachau überstellt. Von dort wurde er am 3. März 1942 im Rahmen eines sogenannten Invalidentransports nach Hartheim deportiert und vermutlich noch am selben Tag ermordet. Die Aktion geschah unter der T4-Folgekampagne „Aktion 14f13“, bei der als „asozial“ und „arbeitsscheu“ klassifizierte KZ-Häftlinge systematisch getötet wurden.

Einordnung und Erinnerung
Walter Heises Lebensweg steht exemplarisch für die defizitäre soziale und psychiatrische Versorgung sogenannter „entmündigter Trinker“ und sozial Marginalisierter in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Statt einer therapeutischen oder sozialen Unterstützung wurde Heise, wie viele andere Alkoholiker auch, zunehmend kriminalisiert, psychiatrisiert und pathologisiert. Seine zahlreichen Haftaufenthalte und die Stigmatisierung als „arbeitsscheu“ oder „Gewohnheitsverbrecher“ führte zu Entrechtung und mündet letztlich in die Ermordung als sogenannte „lebensunwerte“ Person.

Ein Stolperstein vor dem Haus Ritterstraße 20 in Braunschweig erinnert an Walter Heise.

Recherche und öffentliche Würdigung:    Die Falken, Kreisverband Braunschweig, 2024-2025 ,
begleitender Bildungsreferent Maik Bischoff.
Text:          Jörn Heise, Berlin

Quellen : Meldekarten Stadtarchiv Braunschweig
Gefangenenpersonalakte Zuchthaus Celle: Hann. 86 Celle Acc. 142/90 Nr. 636
Krankenakte Provinzialanstalt Wunstorf: Hann. 155 Wunstorf Acc. 2001/119 Nr. 02394
Arolsen Archives, Dokumente zu Dachau
Auskunft Landesarchiv Osnabrück (Rep 492, Nr. 3003 u.a.)
Stadtarchiv Osnabrück: Meldebücher und Adresskarten

Weblinks  Walter Heise bei den Arolsen Archives