Das neue Leben in den USA




Elisabeth Gärtner 1950 in den USA, Foto Privatbesitz Elisabeth Schumann


Die Reise nach Amerika verlief problemlos, sie erreichten mit einem Schiff ihre neue Heimat. Hier konnten sie wieder ohne Angst auf die Straße gehen.

Elisabeth wurde zu Verwandten nach New Jersey gebracht, wo sie die ersten Monate lebte. Alles war ungewohnt, vieles komplett anders als in der alten Heimat, wo sie am Ende gemieden wurde, weil sie Jüdin war. In den USA wurde sie freundlich behandelt und niemand diskriminierte sie.

Zu Beginn hatte Elisabeth große Sprachprobleme. Ein Wörterbuch war der wichtigste Teil in ihren ersten Schulwochen. Ihr Wortschatz bestand aus ca. 100 Wörtern, wie z.B. Hund, Kuchen oder Haus, wie Elisabeth selbst schreibt. Ohne Übersetzungshilfe fühlte sie sich regelrecht verloren. Ihr wurde jedoch von Schülern oder Lehrern geholfen.

In der Schule musste sich das junge Mädchen völlig umstellen. Die Klassen waren viel kleiner als die in ihrer alten Schule in Deutschland; ca. 20 Schüler befanden sich in einer Klasse. Außerdem kam noch hinzu, dass Jungen und Mädchen zusammen unterrichtet wurden.

Später wechselte sie auf die Highschool, welche sie mit Freude besuchte. Auch hier fand sie gute Freunde. Sie wurde zur „Salutatorian“ ernannt, das ist der zweitbeste Absolvent des Jahrgangs der Schule, der eine Rede bei der Abschlussfeier hält. Ihr Vater durfte bei der Abschlussfeier den Segen geben, was ihr sehr viel bedeutete.

Auch wenn in der Schule nach einiger Zeit alles besser wurde, finanziell sah es weniger gut aus für die Familie. Ihre Eltern nahmen immer wieder neue und verschiedene Jobs an, um Geld zu verdienen und die Familie zu ernähren. Denn jüdische Exilanten durften nur eine bestimmte Menge an Geld aus Deutschland mitnehmen.

Sogar Elisabeth arbeitete mit 15 Jahren schon. Sie passte auf Kleinkinder auf, um etwas für den Unterhalt der Familie beizutragen. Später arbeitete sie für drei Sommer als Kellnerin in einem Hotel.

Nachdem ihr Bruder Hans sein Abitur gemacht hatte, zog er bei ihnen wieder zu Hause ein und half mit, die Familie finanziell über Wasser zu halten. Später ging er dann zur Armee und schickte regelmäßig etwas von seinem Gehalt an seine Familie. Die Wohnung, in der sie lebten, war klein und nicht für viele Menschen eingerichtet. Sie hatten einen Untermieter, der auf der Couch im Esszimmer schlief.

Nach und nach wurde es besser. Alle hatten sich eingelebt, konnten fließend Englisch sprechen und die Familie hatte nicht mehr so große finanzielle Probleme.


Studium

Elisabeth studierte Soziologie und Psychologie, später dann noch Sozialarbeit. Dies konnte ihr nur durch Stipendien ermöglicht werden, denn ihre Eltern hätten diese Studien nicht bezahlen können. Sie musste jeden Tag mit der U-Bahn zur Universität fahren. Für ihr Studium der Sozialarbeit zog sie nach Chicago, wo sie eine Arbeitsstelle als Sozialarbeiterin erhielt. Sie hatte Glück und arbeitete für eine ausgezeichnete Familienagentur. Durch Freunde lernte sie die Stadt kennen und lieben.




Bild oben: Werner und Elisabeth Schumann mit Tochter Gail 1961
Bild unten: Werners und Elisabeths 50. Hochzeitstag 2005

Familiengründung

Nachdem im Job alles prima lief, fehlte nur noch das Glück in der Liebe. Und dies fand sie nach einigen Monaten. Allerdings machte sie es ihrem heutigen Mann nicht einfach. Als sie Werner Schumann das erste Mal in einer Gruppe von anderen jungen Menschen sah, beachtete sie ihn kaum.

Sie konnte es sich nicht vorstellen, mit einem „Arier" auszugehen, der auch noch vier Jahre jünger war und die Oberschule nicht beendet hatte. Erst nach einem Jahr ließ sie sich auf eine Verabredung mit ihm ein, woraufhin alles sehr schnell ging und sie zusammenkamen. Ihre Eltern fanden ihn sehr sympathisch, dies war ihr sehr wichtig. Sie heirateten 1955 und bekamen 1958 eine kleine Tochter, Gail, die in Kalifornien geboren wurde. 1960 kam ihr zweites Kind zur Welt. Es war ein Junge, den sie Michael nannten.
Elisabeth und Werner haben vier Enkel.
Gail heiratet 1987 ihren Mann George und sie bekamen zwei Söhne, Adrian und Trevor. Michael heiratete seine Frau Nancy 1994, sie haben auch zwei Kinder, Adian und Mara.

Heutiges Leben

Elisabeth Schumann lebt mit ihrem Mann nach wie vor in den USA. Sie haben in der Nähe von Washington D.C. ein hübsches Haus und genießen ihr Leben in vollen Zügen. Sie sind glücklich mit ihrem jetzigen Leben, denken aber auch manchmal an die Zeit des Nationalsozialismus zurück. Sie haben auch Deutschland schon einige Male wieder besucht und waren auch in der Steinstraße 4, dem Haus ihrer Kindheit.

Wir sind sehr froh, mit Elisabeth Kontakt haben zu dürfen und danken ihr herzlich.


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