Kindheit in Braunschweig


Elisabeth Gärtner wurde am 21.02.1926 in Zwickau geboren. Sie zog 1930 im Alter von vier Jahren mit ihrer Familie nach Braunschweig, wo sie in der Steinstraße 4 im Haus der jüdischen Gemeinde wohnte.

Elisabeth schreibt hierzu: „Wir lebten in der ganzen mittleren Etage. Das war gut zum Versteckspielen. Der Hausbesorger, nichtjüdisch, wohnte im Hinterhaus. Seine Frau kochte das beste Weißkohlgericht - sehr wahrscheinlich mit Schweinefleisch - und mir wurde erlaubt, mit ihnen zu essen, obwohl unsere Hauswirtschaft koscher war mit zwei Küchen, eine für Fleisch-, die andere für Milchgerichte.“




Elisabeth im Alter von 6 Jahren auf dem Weg zur Schule
Schulzeit

Elisabeth kann sich an eine Zeugniseintragung aus ihrer Grundschulzeit erinnern, in der es hieß, dass „Elisabeth öfter für Schwatzen getadelt werden musste“.

Außerdem entsinnt sich Elisabeth, dass die Schülerinnen in der ersten oder zweiten Klasse für eine Musikzensur vorsingen mussten. Sie sang: „Alle Vögel sind schon da/ alle Vögel alle/ Amsel, Drossel, Fink und Meise/ und die ganze Vogelsch... Schon wieder eine Seele vom Alkohol gerettet.“ Sie hat nicht in Erinnerung, dafür getadelt worden zu sein. Dies mag auch daran liegen, dass der Lehrer mit ihren Eltern befreundet war. Elisabeth war zu Späßen aufgelegt und hatte wohl keine große Furcht vor Autoritäten.

Doch wird Elisabeth in dieser Zeit auch Zeugin von ersten Aktionen, die die Nazis gegen prominente Juden unternahmen. So berichtet sie, dass die Nazis 1933 diese Menschen „verprügelten und verhafteten und sie für mehrere Tage einsperrten, um ihre Macht zu prüfen und Furcht zu verbreiten. (…) Als später die Wohnungen von prominenten Juden beschädigt wurden, war der Schaden an unserem Eigentum weniger stark. Wir waren zu der Zeit nicht zu Hause, und es waren meine Mutter und ich, die die Unordnung aufgefunden haben. Gott sei Dank waren die Männer nicht mehr da.“

Die Mittelschule Heydenstraße besuchte sie nach Abschluss der 4-jährigen Grundschulzeit. Dort war sie die einzige Jüdin.

Sie hatte zwei gute Freundinnen. Zum einen Suse Frank, deren Vater der Besitzer des Warenhauses Frank war. Diese wohnte auf der anderen Seite der Stadt und Elisabeth kann sich daran erinnern, dass Suse „wunderbare Spielsachen“ hatte, mit welchen sie liebend gern spielte.

Zum anderen war da Helga Künnemann, sie besuchte mit Elisabeth die gleiche Klasse in der Mittelschule Heydenstraße und hielt immer zu ihr, bis ihr der Kontakt zu Elisabeth, der Tochter des Rabbiners, verboten wurde. Helgas Vater wurde damit gedroht, dass er seine Arbeitsstelle in der Druckerei verlieren würde, wenn Helga weiter Kontakt mit Elisabeth pflegen würde.

Es ist grauenvoll zu hören, dass die Nationalsozialisten selbst über die Kinder und ihre Freundschaften bestimmten. Freunde spielen für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen eine große Rolle.


Elisabeth GärtnerEugen GärtnerHelene u. Hans GärtnerWerner SchumannMeinungenImpressum