Landesrabbiner in Braunschweig




Eugen Gärtner, die Fotografie stammt wohl aus der Zeit vor oder nach dem 1.Weltkrieg, Privatbesitz Elisabeth Schumann geb. Gärtner




Seit dem 1.4.1930, Eugen Gärtner war 44 Jahre alt, lebte er mit seiner Familie in Braunschweig in der Steinstraße 4, dem Sitz der jüdischen Gemeinde. Dort bekleidete Eugen Gärtner das Amt des Landesrabbiners. Seine Aufgaben waren, die Gottesdienste in der Synagoge abzuhalten, z. B. am Sabbat, dem jüdischen Mittelpunkt der Woche. Außerdem hielt er auch Grabreden bei Beerdigungen und war immer für Menschen in seiner Gemeinde da, um ihre religiösen Fragen zu beantworten.

Weiterhin war er noch der Vorsitzende der Leopold-Zunz-Loge, einer Freimaurerloge für Juden. Freimaurerei ist eine aus den Werklogen des Mittelalters hervorgegangene, über die ganze Welt verbreitete Bewegung, deren Mitglieder sich verpflichten, Selbstkritik, Menschenliebe und Toleranz zu üben. Über ihre Rituale und Symbole bewahren die Freimaurer Stillschweigen. Die Nazis sahen in den Freimaurern „Judenknechte“, „Handlanger überstaatlicher Mächte“, die sich gegen Deutschland verschworen und den Ersten Weltkrieg angezettelt hätten. (Quelle: wikipedia.de)
Aufgrund der "nationalsozialistischen Kampfmaßnahmen" wurden 1935 die Logen aufgelöst. (Quelle: Braunschweiger Stadtlexikon, hrsg. v. L. Camerer, M. Garzmann, W.-D. Schuegraf, Braunschweig 1992, S. 76)

Elisabeth berichtet, ihr Vater sei ein freundlicher, mitfühlender und gelehrter Mensch gewesen, auf den sie sehr stolz war und ist. Ein Beispiel für sein großes Mitgefühl sei, dass er, als ein Bettler vor der Tür stand, der eine traurige Geschichte erzählte, dem armen Mann einen teuren Anzug schenkte. Eine Woche später bat ihn seine Frau, seinen grauen Anzug anzuziehen, worauf Eugen Gärtner entgegnen musste: „Den habe ich verschenkt.“

Auch feierte er die Hochzeitstage auf eine sehr lustige Art und Weise. Anstatt nach 10, 15 oder auch 25 Jahren ein Ehejubiläum zu begehen, verfasste er nach 333 Ehemonaten ein schönes Gedicht für seine Herzallerliebste.

Eines Tages forderte der Chef der Braunschweiger Polizei Eugen Gärtner auf, zu ihm zu kommen. Er schlug Eugen Gärtner vor, zu einem bestimmten Termin anlässlich einer Reise Braunschweig für immer zu verlassen. Hieraus spricht auch eine allgemeine Hochachtung für den Landesrabbiner, urteilt Elisabeth rückblickend. Dieses war vielleicht die Zeit der ersten geplanten Aktionen, die die Nazis 1933 gegen prominente Juden unternahmen, vermutet Elisabeth Schumann.

Mit seiner Familie ging er am 13.04.1938 in die USA ins Exil. Die Jüdische Wohlfahrtsstelle der Jüdischen Gemeinde in Braunschweig spricht in einem Brief vom 26.03.1938 dem Rabbiner Dr. Gärtner und seiner Frau Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit aus. Eugen Gärtner habe sich „mit warmem Herzen“, „gütig“ und „verständnisvoll mitfühlend“ um die gerechte Verteilung der vorhandenen finanziellen Mittel an die notleidenden Gemeindemitglieder bemüht.
(Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, H III 7 Nr.69 Abt. II Nr. 3)

Die Auswanderung ihres Rabbiners wurde von der Jüdischen Gemeinde mit 5.000 RM unterstützt. Außerdem bekam Eugen Gärtner von seinem Vetter Meno Lissauer in New York 1.500 RM und aus einer Lebensversicherung ca. 4.000 RM.
(Quelle: Stadtarchiv Braunschweig, Juden nach 1932 in Braunschweig, H III 7 Nr.69 Abt. I)

 Quelle: Erinnerungen von Elisabeth Schumann geb. Gärtner, 2008

Elisabeth GärtnerEugen GärtnerHelene u. Hans GärtnerWerner SchumannMeinungenImpressum